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Hauptmann DeCarigh räusperte sich leise, bevor er sich an die Ratsmitglieder wandte. "Der Holy Mage wird jeden Moment hier sein. Es ist wohl besser, wenn er die Situation persönlich erklärt."
Während die Ratsmitglieder sich mehr oder weniger erfolgreich in Geduld übten, wanderten DeCarighs Gedanken zu dem Abend zurück, als er den Holy Mage aufgesucht hatte. Nach der Geschichte mit den gruseligen Hofnarren zu Halloween war er zwar müde gewesen, die herbstliche Abendluft hatte ihn jedoch soweit erfrischt, dass er sich dem durchaus noch gewachsen gefühlt hatte. Außerdem wusste er, dass er nach all der Aufregung ohnehin nicht sofort würde einschlafen können. Doch was er von Regan dann erfahren hatte, ließ ihn dann erst recht eine schlaflose Nacht verbringen. Wie sollten sie etwas besiegen, was selbst der "Order of the Holy Magic of Sosaria" auf dem Höhepunkt seiner Macht nicht vollständig hatte töten können? Er zuckte unmerklich zusammen, als sich die Tür hinter ihm öffnete. Erleichtert stellte er fest, dass Regan, der Holy Mage, nun eingetroffen war.
"Bitte verzeiht die Verspätung.", entschuldigte der Magier sich und strich sich über den grauen Bart, "Ich hatte noch einiges zu erledigen, das keinen Aufschub duldete. Ich nehme an, Hauptmann DeCarigh... ähm... Michael, lieber Junge, sei so gut und setz dich. Es macht mich immer etwas nervös, wenn Leute hinter mir stehen." Die Wangen des Hauptmanns nahmen eine rosa Färbung an, als er zu einem der beiden freien Stühle in der Ecke des Ratssaals eilte und Platz nahm. Loravic, der ihm gegenüber saß, sah von seinen Aufzeichnungen auf und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, während Albert, der neben seinem alten Lehrmeister saß, ein Grinsen unterdrückte.
"Nun gut", hob Regan an, "ich denke, die meisten hier werden die Geschichte meines Ordens wohl nicht kennen." Alberts Grinsen wurde noch breiter und er stupste Loravic leicht mit dem Ellenbogen an. Dieser nickte jedoch nur in Regans Richtung und Albert wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Holy Mage zu. "Ich werde Ihnen daher eine Kurzfassung geben. Mein Orden wurde vor langer Zeit als Bollwerk gegen die verderbte Macht der Hexen gegründet, die zu dieser Zeit das Land terrorisierten. Unser Oberhaupt war der Magier Abalain. Mit Hilfe seiner Macht konnten wir die Hexen letztendlich besiegen. Es heißt, er sei bei seinem Kampf gegen die Oberhexe jedoch so geschwächt worden, dass er sich in seinen Turm zurückzog, um sich ganz seinen Studien zu widmen." Albert sah in die gespannten Gesichter der anderen. Dies alles hatte er bereits ausführlich von Loravic erfahren.
Regan seufzte. "Es heißt außerdem, nach Jahren des Friedens hätte sich eine noch dunklere Macht als die Hexen erhoben und erneut sei die Kraft des Ordens gefordert gewesen. Abalain selbst sei noch einmal in die Schlacht gezogen und die dunkle Macht sei gebannt worden. Der Orden selbst wählte einen Wächter, dem die Erinnerungen der überlebenden Mitglieder für den Fall übertragen wurden, dass sich diese Macht je wieder erheben sollte. Danach löste der Orden sich auf. Der Wächter wählte einen Nachfolger und auch diesem wurden die Erinnerungen übertragen und so weiter. Ich bin der letzte einer langen, sehr langen Reihe von Wächtern und meine Erinnerungen reichen zurück bis in die Zeit der Schlacht gegen die Hexen." Regan seuzte. "So sagt man zumindest... und jedes Wort ist wahr und doch ist es nicht die Wahrheit." Nun horchte Albert auf und sah zu Loravic hinüber, der den Holy Mage jedoch nur erstaunt ansah.
Regan seuzte erneut. "Nun, vielleicht sollte ich sagen, es ist nicht die ganze Wahrheit. Es war dem Orden zu dieser Zeit zwar nicht klar, doch der Kampf gegen die Hexen hatte Abalain mehr als nur geschwächt. Er war ein mächtiger Magier und sein Vertrauen in die Macht des Guten war unerschütterlich... bis er der Oberhexe im Kampf beinahe unterlag. Nur durch das Opfer eines Ordensbruders, der die Hexe kurz ablenkte, konnte er sie bezwingen. Der Ordensbruder verlor sein Leben und Abalain sein Vertrauen in die Macht der Magie."
"Das ist ja eine sehr traurige Geschichte, doch was hat das mit der momentanen Situation zu tun?", unterbrach Sir Auston die Erzählung. "Sollten wir uns nicht endlich um die Probleme in Vesper kümmern?"
Regan nickte. "Das ist einer der Gründe, warum ich mich verspätet habe. Nach wochenlanger Arbeit ist es mir gelungen, ein Serum gegen die Seuche zu entwickeln."
Sir Auston sprang von seinem Stuhl auf. "Was? Das sagt Ihr erst jetzt? Wo ist dieses Serum? Wir müssen..." Er brach ab, als Regan die Hand hob. "Keine Sorge", erklärte der alte Magier. "Das Serum wird in diesem Moment in Vesper verteilt. Ich wollte noch warten, bis erste Erfolge sichtbar sind, bevor ich davon berichte, doch ich denke, in spätestens einer Woche ist die Seuche besiegt." Sir Auston sank auf seinen Stuhl zurück. Vesper von der Seuche befreit. Es würde endlich wieder Normalität einkehren. Endlich.
"Doch das ist nun nicht mehr unser vordringlichstes Problem.", fuhr Regan fort. "Mit Hilfe unserer tapferen Helden ist es mir gelungen, den Urheber der Seuche zu identifizieren."
Im Ratssaal brach die Hölle los, als viele der Anwesenden den Holy Mage mit Fragen bestürmten. Dieser hob die Hände und wartete, bis wieder Ruhe eingekehrt war. Dann fuhr er fort: "Die Ereignisse von heute hängen direkt mit den Vorkommnissen in meiner Geschichte zusammen, also bitte, noch ein wenig Geduld. Ich fasse mich so kurz wie möglich."
"Wo war ich? Achja, Abalain hatte Angst. Eine weitere Schlacht gegen die Hexen würden sie vielleicht nicht gewinnen können. Er musste mehr über die Macht der Hexen erfahren, sonst wären der Orden und das ganze Land verloren. Doch ach, wenn man sich nur lange genug mit derartig verderbter Magie beschäftigt, nimmt die Seele Schaden. Der Orden ahnte nichts von Abalains Experimenten und als meine Ordensbrüder die Gefahr erkannten, war es zu spät. Das Oberhaupt unseres Ordens war selbst zum mächtigsten Hexenmeister geworden. Er scharte seine Anhänger um sich, die nun allesamt in der Hexerei bewandert waren, und erklärte sich zum König. Seine Motive mögen ehrenhaft gewesen sein, seine Mittel waren jedoch die der Tyrannei und der Unterdrückung. Viele Mitglieder des Ordens wandten sich gegen ihn und es kam zur letzten Schlacht meines Ordens." Regan hob in einer entschuldigenden Geste die Hände und sah Loravic mit einem verzeihungheischenden Blick an. "Es stimmt also, dass sich eine dunkle Macht erhoben hätte und der Orden und auch Abalain auf dem Schlachtfeld gekämpft haben, jedoch nicht auf der selben Seite." Der alte Magier stützte sich schwer auf den Tisch. "Der König der Hexen, so wurde er genannt, der Witchking. Letztendlich war der Orden erfolgreich und die "dunkle Macht" wurde gebannt, doch seine Macht war so groß geworden, dass der Orden es nicht mehr vermochte, ihn zu töten."
Er richtete sich auf und holte tief Atem. "Ich kann mich daran erinnern, als wäre ich selbst dabei gewesen. Während Abalain schrie und den Orden verfluchte, rissen ihm seine Gegner das Herz aus der Brust, öffneten seinen Schädel und entnahmen sein Gehirn und trennten ihm die Hände ab. Der Rest seines Körpers wurde verbrannt, doch sein Schatten lebte fort und tut es bis zum heutigen Tag. Doch wie es in der Geschichte heißt, er ist nur noch ein Schatten seines ursprünglichen Selbst. Die restlichen Teile seines Körpers wurden gut versteckt, da man vermutete, mit Ihnen könnte er seine frühere Macht zurückgewinnen."
Sir Darion, der sich als erster wieder gefasst hatte, nickte langsam. "Und ich nehme an, da Ihr über die Erinnerungen des Ordens verfügt, wisst Ihr, wo sie sich befinden. Ihr vermutet, der Witchking will seine alte Macht zurückerlangen und all die Probleme mit den Ratten und der Seuche wäre nur ein sehr kompliziertes Anblenkungsmanöver gewesen?"
"Zum Teil. Einer seiner Anhänger, ein "Minion of the Witchking" wie sie sich nun nennen, hatte den Schmuggler dazu erpresst, das kontaminierte Gemüse zu verteilen, die Beschreibung ist unverkennbar. Also ja, der Witchking steckt hinter der Seuche. Doch leider weiß auch ich nicht genau, wo die Körperteile versteckt sind. Die Erinnerungen dieses Ordensmitglieds wurden damals nicht übertragen, doch es gibt Hinweise. Diesen sollten wir nachgehen. Wir müssen die Teile finden, bevor der Witchking uns zuvorkommt."
Nach der Versammlung gingen Albert und Loravic sorgfältig ihre Aufzeichnungen durch. "Nichts ist jemals einfach", murmelte Albert. "Wer soll aus diesen Hinweisen denn schlau werden?" Sein alter Mentor lächelte nur.
Der Holymage vergibt nun die letzte Quest der Reihe "Findet die Teile des Witchking". Viel Vergnügen damit.