Bitte entschuldigt die Verschiebung, mir ist zeitlich etwas dazwischengekommen. Das Event wird morgen (Montag, 10. Januar) um 20:30 Uhr nachgeholt. Hier habt ihr auf jeden Fall schon einmal die Fortsetzung der Geschichte:
"Ihr habt mich im Stich gelassen, Meister." Die ausgedörrte Gestalt, die einmal sein Lehrling gewesen war, torkelte auf ihn zu. Loravic wich zurück. Tränen standen in seinen Augen. "Ich konnte Dir nicht helfen. Ich weiß doch nicht, wie ich den Bann der Kugel brechen kann."
Der verdurstete Albert tat einen weiteren Schritt. "Ich habe euch vertraut und bis zuletzt an euch geglaubt. Ihr habt mich sterben lassen."
"Nein, Albert, nein!" Voller Angst sah Loravic sich in dem fensterlosen Raum um. Er war völlig leer. Von den dunklen Steinwänden rann eine zähe Flüssigkeit, die sich am dem Boden verteilte und seine Füße beinahe am Boden festkleben liess. Da! Hinter Albert war eine hölzerne Tür. Der alte Schreiber nahm seine gesamte Kraft zusammen und lief um den toten Albert herum, der ein tonloses Gurgeln ausstieß, als er nach seinem Meister griff. Loravic verstärkte seine Bemühungen. Jeder Schritt verursachte ein schmatzendes Geräusch, als er seinen Fuß aus der Flüssigkeit löste. Endlich hatte er die Tür erreicht und griff nach der Klinke. Abgeschlossen. Verzweifelt schlug er mit den Fäusten gegen die Tür. "Lass mich raus, bitte, öffnet die Tür." Du sollst denen in Not helfen oder Du sollst selbst Not erleiden. Die wispernde Stimme schien direkt aus dem Holz der Tür zu kommen. "Ich konnte doch nichts tun, ich weiß doch nicht, wie ich ihm helfen kann." Du hast es ihm versprochen. Du sollst nicht lügen oder Deine Zunge verlieren.
Loravic schlug wie von Sinnen mit den Fäusten gegen die Tür. Albert hatte ihn beinahe erreicht. „Meisssster“, ertönte es von hinten. Loravic spürte seine Hand in seinem Nacken. "Öffnet die Tür, ich bitte euch."
"Meister Loravic! Öffnet die Tür!"
Der Schreiber fuhr hoch, sein Gesicht feucht von Schweiß und Tränen. "Albert!", rief er erschrocken.
Doch sein Lehrling war nicht da. Erneut pochte es an der Tür. "Meister Loravic. Öffnet!"
Ein Traum. Noch lebte sein Lehrling. Er schwang die Beine aus dem Bett und eilte zur Tür. Draußen standen ein Wachmann sowie ein Beamter, dessen Uniform die Farben von Vesper zeigte.
"Was gibt es? Etwas Neues von Albert?" Loravics Stimme klang dünn und ängstlich in seinen Ohren.
"In der Tat", erklärte der Beamte. "Er wird wegen Diebstahls gesucht Wisst ihr um seinen Aufenthaltsort, dann sagt es frei heraus."
Loravic sah den Mann verständnislos an. War dies nur ein neuer Albtraum? "Diebstahl? Ist er von dem Bann befreit?"
Nun war es der Beamte, der verwirrt dreinblickte. "Welcher Bann? Euer Lehrling ist letzte Nacht in das Haus eines unserer reichsten Bürger eingedrungen und hat ihn beraubt." Seine Miene nahm einen wissenden Ausdruck an. "Ah, wollt ihr etwa behaupten, er hätte unter einem Bann gestanden und wäre für seine Tat nicht verantwortlich? Mann, hebt euch diesen Unsinn für die Verhandlung auf. Sagt mir nur, wo er ist."
Loravic, der in seinen Kleidern geschlafen hatte, zog nur seine Schuhe an, dann trat er an den beiden vorbei in den Flur. "Folgt mir, ich führe euch zu ihm."
Auf dem Weg in die Bibliothek ging er die letzten beiden Tage noch einmal im Geiste durch. Er hatte die Kugel als diejenige identifiziert, die Nystul zur Erschaffung Trammels verwendet hatte. Doch keine seiner Schriften enthielt eine Erklärung für das, was seinem Gehilfen passiert war. Als die Worte vor seinen Augen verschwommen waren, hatte er den Rat des Heilers beherzigt und war schlafen gegangen. Die kurzen Ruhepausen, die er sich in den letzten Tagen zugestanden hatte, waren einfach nicht genug gewesen.
Sein Herz pochte in seinen Ohren, als er die letzten Stufen der Bibliothek hinaufstieg. Albert stand noch immer da, wie er ihn verlassen hatte. Der Heiler, der in seiner Abwesenheit über seinen Lehrling wachte, stand auf, als er den Schreiber und seine Begleiter die Treppe hinaufkommen sah. "Noch eine Veränderung.", sagte er mit Bedauern in seiner Stimme.
Der Beamte sah ihn mit durchdringendem Blick an. "Was bedeutet dies hier? Ist das der Verbrecher?" Der nickte in Alberts Richtung. Der Heiler zog eine Augenbraue hoch. Der hochnäsige Tonfall des Beamten war ihm nicht entgangen. "Dies, guter Mann", erklärte er, "ist mein Patient."
Kurze Zeit später schüttelte der Beamte den Kopf. "Ihr wollt mir also weiß machen, er wäre seit Tagen in diesem Zustand?"
"Ich bin bereit, es unter Eid zu beschwören. Seit Meister Loravic hier sich zur Ruhe begeben hat, habe ich ihn nicht eine Sekunde allein gelassen."
Loravic betrachteten seinen Lehrling prüfend. Nein, er hatte sich nicht einen Zoll bewegt. Die blicklosen Augen starrten nach wie vor ins Leere. Es war, als hätte sein Geist ihn verlassen. Dies war nicht mehr sein Gehilfe, sondern nur eine leere Hülle. Ein wichtiger Teil fehlte.
Ein Teil... Er begann, im Raum auf und ab zu gehen.
Er war nun, dessen war er gewiss, der Lösung des Rätsels ganz nah. Er musste die einzelnen Teile nur richtig zusammensetzen.
Zum einen hatte sein Lehrling im wahrsten Sinne des Wortes seinen Verstand verloren. Doch wohin war dieser entschwunden. Hatte die Kugel ihn aufgesogen? Die Kugel war doch eine schöpferische Kraft, die eine ganze Welt aus dem Nichts erschaffen hatte. Ein perfektes Abbild...
Er lachte laut auf. Jetzt hatte er die Lösung. Die drei Männer sahen ihn überrascht an.
"Er wurde kopiert", verkündete er den dreien. "Die Kugel hat ihn kopiert. Aber wieso hat sein anderes Ich diesen Raub begangen?" Er nahm seine ruhelose Wanderung wieder auf. "Seine Kopie scheint eine Art böser Zwilling zu sein. Das macht Sinn, da ja auch das friedliche Trammel als Kopie aus Felucca hervorging, das zu der Zeit vom Bösen beherrscht wurde. Aber warum ist er erstarrt? Selbst wenn die böse Hälfte seines Bewusstseins..." Wieder stockte er. Ihm war etwas eingefallen. Die Stimme in seinem Traum, was hatte sie noch gesagt. "Du sollst denen in Not helfen oder Du sollst selbst Not erleiden.", murmelte er. Er kannte diese Worte. Es war eines von Lord Blackthorns Gesetzen. Gesetze, die die Tugenden auf geradezu manische Weise durchsetzen sollte.
Er wandte sich den wieder den Männern zu, die ihn immer noch anstarrten. Der Heiler wollte etwas sagen, doch Loravic hob abwehrend die Hand.
"Ich glaube, ich weiß nun, was geschehen ist. Und ich weiß, warum der Diebstahl gerade in Vesper geschehen ist. Wenn ich Recht habe, hängt alles mit den Tugenden zusammen. Jede der acht Tugenden hat einen Gegenpol. Der Gegenpol von Aufopferung ist Gier oder Begehrlichkeit, wie es die alten Schriften nennen. Und welcher Ort wird mit dieser Anti-Tugend in Verbindung gebracht?"
"Covetous", meinte der Wachmann verwirrt, „aber was hat das...“ Ein Aufblitzen von Verständnis erschien in seinem Blick. "Covetous liegt in der Nähe von Vesper."
Loravic nickte zufrieden. "Wenn ich richtig liege, wurde mein Lehrling kopiert. Aber nicht nur einmal. Meiner Theorie nach muss es acht Kopien geben, jede versehen mit einem Teil seines Verstandes. Was für den armen Kerl noch übrig blieb, reicht gerade einmal aus, seinen Körper notdürftig am Leben zu erhalten. Die Antriebskräfte wie Selbsterhaltung, Ehrgeiz und so weiter sind alle in die Kopien geflossen. Nun müssen wir die Kopien nur finden und feststellen, wie wir die Bruchteile seines Geistes da wieder herausbekommen."
Der Wachmann grinste breit. "Ich weiß genau, wie man den Geist vom Körper trennt."